Revolutionäre Volksbefreiungsfront
Datum: 13. Januar 2003 | Erklärung: 293
Der 7. TOD UNTER DER AKP-REGIERUNG!
Ist die AKP an der Regierung oder in der Opposition?
Werden die Gefängnisse von Cemil Cicek oder Ertosun geleitet?
Oder ist es der Große Generalstab?
Während der, auf Einladung(!) von Cemil Cicek das Sincan F-Typ- Gefängnis besuchende Vorsitzende der Justizkommission des türkischen Parlaments und seine Mitglieder, infolge ihrer ausgeweiteten Beobachtungen und Untersuchungen erklärten, dass es seitens der Gefangenen keinerlei Beschwerden gibt, ist eine weitere Kämpferin, die ihr Todesfasten gegen die Isolation fortsetzte gefallen.
Özlem Türk, aus der 7. Todesfastengruppe im Kütahya Gefängnis, hat am 11. Januar, unter der Folter von Mengele’s Erben im Numune Krankenhaus als 104. Gefallene des Widerstands ihr Leben verloren.
Mit Özlem Türk ist die Zahl der unter der AKP-Regierung verstorbenen Gefangenen auf 7 gestiegen.
Die Last auf der Schulter der AKP wird größer und schwerer. Die Unterdrückung ist eine Bürde, die so groß ist, dass sie von keiner Regierung, ob faschistisch oder moslemisch-demokratisch getragen werden kann; entweder sie wird sich von dieser Last befreien oder früher oder später unter dieser Last zusammenbrechen.
Die AKP-Regierung soll sich die nahe Geschichte ansehen. Sie soll sich die Regierung vor ihr ansehen. Seit ihrem Regierungsantritt wurde die AKP-Regierung von fast allen Schichten des Volkes, angefangen von IslamistInnen bis zu DemokratInnen, RevolutionärInnen und allen oppositionellen Kreisen aufgerufen, dieses Problem zu lösen. Aber die AKP-Regierung, die auf zwar von Mitbestimmung und dem Willen der Nation spricht, ignoriert das einfach.
Es ist ganz offensichtlich, dass die AKP nur auf die Warnungen und Aufrufe des Grossen Generalstabes, der USA und des IWF reagieren.
Das Schicksal derer, die sich dem Volk gegenüber taub stellen und die TODESSCHREIE nicht hören, war zu keiner Periode ein gutes. Auch die AKP nähert sich mit hastigen Schritten dem gleichen Schicksal. Angefangen vom F-Typen- Problem bishin zum Thema Krieg, betreibt sie eine Täuschungs- und Ablenkungspolitik. Wenn sie von diesem Weg nicht abweicht, wird auch ihr das Etikett eines Volksfeindes aufgedrückt werden.
Cicek spricht von der Angeklagtenbank:
Der Justizminister Cemil Cicek hat am Abend des 12. Januar in einem Fernsehkanal das Massaker vom 19. Dezember, die F-Typen und die andauernde Isolation verteidigt.
Aber was für eine Verteidigung war das? Er hat seinen mörderischen, heuchlerischen und niveaulosen Charakter gezeigt, indem er mit derbsten, vulgärsten und primitivsten Demagogien um sich warf und sich hinter Lügen zu verbergen suchte, die längst entblößt waren. Was für ein Justizminister, der nicht einmal über die Gefängnisse Bescheid weiss… Er hat keine Ahnung, wieviele Menschen sich im Todesfasten und im Widerstand befinden. Er weiss nicht, wieviele Gefangene amnestiert und freigelassen wurden, wieviele Menschen sich im Gefängnis befinden. Er verzerrt die Forderungen der Widerstandleistenden.
Er ist so hilflos, dass er nicht einmal die Wahrheit aussprechen kann. Denn würde er die Forderungen der Widerstandleistenden wahrheitsgemäß veröffentlichen, würden seine auswendigegelernten Lügen und Demagogien in sich zusammenbrechen.
Er sagt: Die Todesfastenden sind hinausgegangen. Und was ist mit den 104 Toten auf den Friedhöfen? Die Mentalität, nach der auch diese hinausgegangen sind, haben wir alle gesehen. Als ob sie es nicht selbst wären, die vor Amerika und vor dem Großen Generalstab wie jämmerliche Hunde in einen Wettkampf treten, versuchen sie die Realität mit lächerlichen Aussagen wie, das Todesfasten werde auf Anordnung der westlichen Länderdurchgeführt, zu verzerren… Derb, primitiv, niveaulos… Aus ihm kann bestenfalls ein gewöhnlicher, durchschnittlicher Folterer werden… Kann er für Gerechtigkeit sorgen? Überdies gibt er aus seinem Niveau heraus Worte von sich wie: In der Justiz werden wir Reformen durchführen. Wer bist Du, dass Du so große Worte von Dir gibst? Der Staat würde es nicht zulassen, dass die Gefängnisse zu Orten für Kundgebungen gemacht werden. Man möge sich diese Banalität betrachten; er besitzt nicht mal die Kapazität, ein Problem aus eigener Sicht darzustellen.
Es ist auch gar nicht möglich, dass jemand wie er, das Justizministerium lenkt. Dies würde auch seine Kapazität übersteigen. Bravo AKP. Einerseits zu sagen Keinerlei Toleranz der Folter und auf der anderen Seite eine solche Person ins Amt des Justizministers zu stellen; eine hervorragende Leistung!
Trotz aller auswendig gelernten Demagogien, besaß Cemil Cicek die geistige Auffassung eines Schuldigen. Dem konnte er nicht entgehen. Denn er befindet sich im Bezug auf die Gefängnisse nicht in der Position des Schiedsrichters, sondern in der des Angeklagten. Für den Tod von 7 Toten ist er ersten Grades verantwortlich.
Die folternden mörderischen Ärzte im Numune Krankenhaus!
Özlem Türk wurde am 25. August 2002 zur Zwangsernährung ins Ankara Numune Krankenhaus verlegt. Seit diesem Zeitpunkt befand sie sich in diesem Krankenhaus. Am 4. Januar wurde sie unter der Bezeichnung medizinischer Eingriff zwangsernährt. Unsere Genossin, die nach einer Hungerstrecke von 400 Tagen nur noch 15 Kilogramm wog, wurde an ihren Händen und Füßen festgekettet, ihre Adern wurden zerstochen, um ihr mit Gewalt das Serum anzubringen und den Widerstand zu brechen.
Wir haben auch schon früher über die Folterpraktiken im Numune Krankenhaus berichtet. Es steht nun zweifelsfrei fest, dass dies ein Ort der Folter ist. Dort führen Folterer in weißen Kitteln ihren Dienst aus. Alle ihnen “anvertrauten” WiderstandskämpferInnen werden entweder umgebracht oder zu lebenden Toten umgewandelt. Ihre Schuld nimmt ständig zu.
Die Mengeles mussten sich dem Willen von Özlem Türk beugen.
Sie konnten die Willenskraft eines Körpers, der nur noch 15 kg wog, nicht brechen. Einem Körper von 15 kg, für den selbst die Bezeichnung “aus Haut und Knochen bestehend” überfällig geworden ist, konnten Folter, Drohungen und Bestechungen nichts anhaben. Sowohl die Folterer in weißen Kitteln als auch deren Befehlsgeber wirkten vor der revolutionären Willenskraft jämmerlich, schwach und wurden besiegt! Sie haben einen Körper, der nur noch 15 Kilogramm wog, im Krankenhaus von einem Ort zum anderen geschleppt, seine Adern wundgestochen, um mit dem Serum eine Zwangsernährung durchzuführen und somit den Widerstand zu brechen. Sie haben es nicht geschafft.
Ob es ihre Kugeln oder ihre Serumnadeln sind, sie sind so hilflos. Ob sie mit Kugeln schossen oder entgegen den Willen des Beteiligten versuchten das Serum anzubringen, sie stehen nun der Schuld und dem Schuldigsein einer/s Mörders/in gegenüber.
Der unzersetzbare Wille der sich zersetzenden Zellen!
Sie wog nur noch 15 kg; es gab kein Fleisch mehr an ihrem Körper. Ihr Leib bestand nur noch aus reiner Überzeugung.
Darum konnten sie ihre Willenskraft nicht besiegen.
Unsere Genossin Özlem Türk, deren unbeugsamer Wille die zunächst letzte Fahne symbolisiert, war 27 Jahre alt. Davon verbrachte sie 7 Jahre in Gefangenschaft.
Davor war sie im Kampf für die Freiheit ihres Volkes und gegen den Hunger.
Özlem, die am 15. April 1975 in Gümüshaciköy/Amasya auf die Welt kam und türkisch-alevitischer Herkunft ist, war das Kind einer armen Bauernfamilie. Sie konnten ihren Lebensunterhalt nur mit Tabak bestreiten. Wie bei allen TabakanbauerInnen, wuchs mit ihrem Alter auch die Armut. Im Gymnasium lernte sie zum ersten mal revolutionäre Gedanken kennen. Nach dem Gymnasium hat sie verschiedene Tätigkeiten aufgenommen und beteiligte sich am Kampf.
Das Fallen sehr junger Menschen bewegte sie. Ein dreitägiger Hungerstreik aus Protest gegen die Ermordung der beiden StudentInnen Ugur Yasar Kilic und Sengül Yildiran im Jahre 1993, war die erste Aktion, an der sie sich beteiligte. Sie arbeitete in den Büros der Zeitschriften “Özgür Karadeniz” (Freies Schwarzes Meer) und “Samsun Mücadele”. Sie wurde oftmals verhaftet.
1993 wurde das Büro der Zeitschrift “Özgür Ülke” von der Kontra-Guerilla bombadiert. Dort, wo sie einen Solidaritätsbesuch abhielt, wurde sie festgenommen. Weil sie gegen das Plünderungspaket der Ciller-Regierung vom 5. April eine Sonderausgabe verteilte, wurde Özlem festgenommen. Sie forderte Gerechtigkeit, wurde festgenommen, widersprach der IWF-Plünderung, wurde festgenommen – wie das bei allen RevolutionärInnen und DemokratInnen dieses Landes üblich ist. Das sind die Quellen für das Etragen von hunderten Tagen Hunger und für die Willenskraft.
Am 23. Februar 1995 wurde sie verhaftet und ins Samsun Gefängnis gesteckt, von dort ins Ulucanlar-Gefängnis gebracht. Am Todesfastenwiderstand von 1996 nahm sie in der 2. Gruppe teil.
Im Jahr 2000, als die F-Typen aktuell wurden, sowie nach dem Massaker am 19. Dezember wollte sie ganz vorne dabei sein. Sie schrieb in ihrem Brief:
“Es ist eine große Ehre und Stolz eine Todesfastenkämpferin zu werden. Diese Ehre und diesen Stolz möchte ich ganz aufrichtig nochmal erleben. Es ist sehr schwer, all meine Gefühle zu definieren. Es ist ein großer Schmerz zu sehen, wie meine GenossInnen Tag für Tag dahinschmelzen, fallen und wir uns trennen müssen. Was aber schwerwiegt ist, nicht nur mit meinen Gefühlen, sondern meinem Bewusstsein und ganzen Herzen mit meinen GenossInnen oder besser gesagt, vor meinen GenossInnen dem Tod entgegenzutreten.
Wer uns mit dem Tod einschüchtern möchte, der oder dem wollen wir nochmal mit den Worten unserer Genossin antworten, die den Tod besiegt hat. Özlem, deren Worte mit ihrem Märtyrertum eins wurden, sagte: Ich sage nicht, dass ich bereit bin für den Tod. Denn diese Bereitschaft möchte ich nicht ständig wiederholen. Diese Vorbereitung, die Abrechnung habe ich schon vor Jahren beendet. In diesem Punkt bin ich im Klaren. Weswegen? Weil ich weiss, dass die Tatsache von der Partei-Front zu sein, unter der Fahne der Partei-Front zu leben, immer eine Begegnung mit dem Tod bedeutet. Das trifft nicht nur für mich zu, alle von der Partei-Front denken so.”
Devrimci Halk Kurtulus Cephesi
Revolutionäre Volksbefreiungsfront
2003.01.13